E10 1239

Die Entwicklungsgeschichte der Lokomotive E 10 1239 / 110 239-1

Die Lokomotive E 10 1239 wurde von Siemens und Krauss-Maffei mit der Fabriknummer 18741 gefertigt und von der Deutschen Bundesbahn nach Abnahmefahrten nach Ingolstadt und Salzburg von München aus am 22.02.1962 abgenommen. Die vorgestellte 1 in der Lokbezeichnung weist auf die abweichende maximale Geschwindigkeit von 160 km/h statt der üblichen 150 km/h hin ; diese Änderung wurde für den Einsatz vor Rheingold-Zügen notwendig und wurde über die Änderung der Getriebeübersetzung von 1 : 1,91 statt 1 : 2,11 erreicht. Entgegen landläufig verbreiteter Ansicht hatte  E 10 1239 nicht die nur bei E 10 1244 eingebauten sogenannten Schnellfahrdrehgestelle aus dem Hause Henschel, sondern lief wie die " normalen " Lokomotiven der Baureihe E 10 auf Seriendrehgestellen.

Am 18. Juni 1962 zog Rheingold-Lok E10 1239 den  Rheingoldzug durch Bacharach.
Foto: Carl Bellingrodt

Wichtigstes äußeres Merkmal der technisch abweichenden Lokomotive war der Anstrich der Lokomotive in den neuen, für den Rheingold vorgesehenen Farben Beige/ Kobaltblau, in welchen sie nach der Übernahme durch die Deutsche Bundesbahn zum Bw Heidelberg kam und von dort den Rheingoldzug - auch heute noch das Synonym für hochwertigen Reiseverkehr - zog.
In keiner anderen Farbgebung zogen Lokomotiven der Baureihe E 10 in Kastenform höherwertigere Züge, der Status als Schnellfahrlokomotive höchster Qualität war deutlich sichtbar,auch wiesen die Kasten-E 10.12 eine von ihren unscheinbar blau lackierten Schwestern eine nicht gekannte Eleganz auf.

Der Einsatz als Rheingold-Lokomotive währte für E 10 1239 nur rund 6 Monate, dennoch dürfte es der interessanteste Abschnitt ihres langen Arbeitslebens gewesen sein.
Mit der Indienststellung von E 10 1265 bis E 10 1270 verlor E 10 1239 ihr elegantes Farbkleid. Sie wurde im AW München-Freimann blau lackiert, auf 150 km/h Höchstgeschwindigkeit zurückgebaut und zur E 10 239 umnummeriert. Die Beheimatung in Heidelberg wurde aufgegeben und die Maschine ging in den Bestand des Bw Nürnberg über, wo sie bis zum 25.5.1974 blieb.

Am 23.06.64 ist E10 1239 mit F56 auf der Nord-Süd-Strecke bei Bad Soden unterwegs.
Foto Carl Bellingrodt


Vom 26.5.1974 an war die Lokomotive bei guter Pflege im Bw Stuttgart zu Hause; in Stuttgarter Zeit erlebte sie zum dritten mal die Änderung ihres Anstrichs  in ihrer Laufbahn: das oceanblau-beige Farbkonzept zierte die Lok ab 1977 und mit ihm wurden erste Umbauten an der Maschine vorgenommen. So wurden die umlaufenden Regenrinnen entfernt und
durch Gummilippen ersetzt, die man aber nur über Türen und Fenstern anbrachte. Das geteilte und zu öffnende Maschinenraumfenster wurde durch eine einteilige, in den Ecken abgerundete Glasscheibe ersetzt, die umlaufende Griffstange und Tritte beließ man an der Maschine. Im Gegensatz zu vielen Schwestermaschinen wurden die eingebauten Mehrfachdüsenlüftergitter mit senkrechten Stäben nicht gegen Lüftergitter der Bauart Klatte getauscht, so das die seit der Umstellung auf das Computernummernsystem 1968     
110 239-1 genannte Maschine recht halbherzig modernisiert oder noch nicht vollständig entfeinert wirkte.

Im Jahre 2002 sollte 110 239-1 im Rahmen der Hauptuntersuchung auch rein optisch ihren Schwestermaschinen vollends angeglichen werden, es wurden also o.g. Teile entfernt und zusätzlich die Haltestangen an den Führerstandsaufstiegen gegen die neuere Bauweise aus Aluminium getauscht. Die Maschine wurde im Zuge der Hauptuntersuchung in das verkehrsrote Farbschema lackiert und hat demnach das wenig beliebte orientrote Farbschema nie getragen. Aus allen Entfeinerungen und Änderungen an 110 239-1 ergab sich,     das mit der Ãœbernahme der Lokomotive durch den Lokomotiv-Club 103 e.V. und seiner Zielsetzung, 110 239-1 in eine E 10 1239 zu verwandeln, ein kompletter Rückbau geworden ist.
Ein solcher Rückbau ist vom Umfang her nicht nur eine Neulackierung, sondern mit zahlreichen zusätzlichen Mühen verbunden. Zwar konnten einige Teile, die für den Rückbau erforderlich waren schon vorab beschafft werden, zahlreiche Teile wie Trittstufen, Lüftergitter , Maschinenraumfenster, Beschilderung und diverse andere Teile mussten aufwändig reproduziert werden, die vorab gewonnenen Teile mussten aufwändig in Handarbeit aufgearbeitet werden.

Der Weg, alle Teile in historisch korrekter Ausfertigung zu beschaffen war außerordentlich schwierig und trieb gelegentlich seltsame Blüten: so ist versucht worden, an 110 228 in Stuttgart eine Schablone von den Trittstufen zu erstellen, was bei heftigem Wind nahezu unmöglich war, aber letztlich gelang. Nur hatte die Musterlokomotive eine andere Trittstufenbauart als eben E 10 1239, was sich erst später herausstellte und die Mühen vergebens werden ließ. Ein ebenso großes Problem war die Beschaffung der Maschinenraumfenster: von Personalen des AW Opladen sind die zweigeteilten Fenster in ihren Gartenlauben verbaut worden, es musste also die in Auflösung befindliche Kleingartenanlage in der Nähe des AW Opladen  nach eben solchen Fenstern abgesucht werden, leider war man mit seinem Ansinnen nicht allein und auch nicht der erste........ .


Da der Weg zur Rheingoldlokomotive nicht das Ziel aller Vereinsmitglieder war,sondern deren Fertigstellung, wurde für jede Frage  auch eine Antwort gefunden und so konnte             110239-1 im Sommer 2008 in das AW Dessau einrücken, wo wirkliche Fachleute mit großem Know-how und Verständnis für unser Anliegen die Lokomotive zu verwandeln begannen .
Wenig später war aus der unscheinbaren Kasten-10er das geworden, was 1962 als " Stolz der Bundesbahn " bezeichnet wurde : Eine E 10.12, namentlich E 10 1239.

Als herausragend darf hier erwähnt werden, das es am 3.10.2008, dem Tag der Deutschen Einheit, erstmals möglich war , unsere Rheingoldlokomotive E 10 1239 zusammen mit authentischen Rheingoldwagen des Freundeskreises Eisenbahn in Köln-Nippes zu sehen und abzulichten; 46 Jahre war ein solches Zusammentreffen nicht möglich und ist wohl unter den Worten unseres ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt zu sehen:  " Jetzt wächst zusammen , was zusammen gehört. "



An dieser Stelle sei auf das große Engagement aller am Projekt beteiligten Firmen und Personen hingewiesen, ohne deren Hilfe - egal in welcher Form -  die Freude über die heute wieder strahlende E 10 1239 nicht hätte entstehen können, da ohne diese Hilfe und von " man müsste " ein solches Projekt nicht erfolgreich zum Ziel zu bringen ist.

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Im Netz seit: 22. März 2004  Aktualisiert: 10. März 2012